Ein Jahr ist es her, dass Ali seine Frau und seine drei Kinder endlich aus dem Irak nach Deutschland holen konnte. Damals ahnten wir nicht, was alles auf uns zukommen würde.
Es ist eine Sache, sich um einen einzelnen Geflüchteten zu kümmern. Aber eine ganze Familie ist eine andere Hausnummer. Doch nach diesem ersten Jahr sind wir mächtig stolz auf das, was wir gemeinsam geschafft haben.
Beruf und Sprache
Der Vater arbeitet seit September in seinem alten Beruf als Vermessungstechniker und nimmt an einer Einzelumschulungsmaßnahme teil. Drei Tage die Woche arbeitet er in einem Vermessungsbüro bei einem sachverständigen Gutachter in Krefeld. An zwei Tagen besucht er die Berufsschule in Mönchengladbach. Das haben wir dank der tatkräftigen Unterstützung des zuständigen Herrn bei der Bezirksregierung in Düsseldorf geschafft. Ein großes Problem ist noch die deutsche Fach- und Amtssprache. Aber das Jobcenter hat jetzt sogar noch Nachhilfeunterricht organisiert.
Die Mutter konnte nie eine Schule besuchen und nimmt seit einiger Zeit an einem Alphabetisierungskurs im Heim an der Westparkstrasse teil. Dort kann sie die Kleinste mitnehmen. Sie ist inzwischen zweieinhalb Jahre alt und lernt im Unterricht gleich mit. Wenn wir hoffentlich ab Februar 2018 einen Kitaplatz bekommen, kann die Mutter einen entsprechenden Kurs an der VHS besuchen.
Die beiden größeren Kinder nehmen die meiste Zeit in Anspruch. Aufgrund unserer Unerfahrenheit in Kinderangelegenheiten brauchten wir viel Hilfe und Rat.
Schule und Hobbies
Der Junge ist jetzt 10 und das Mädchen 7 Jahre alt. Beide besuchen die idyllische Forstwaldschule. Bei allem, was Schulbildung betrifft und weiterführende Schulen bekommen wir professionelle Unterstützung über das Kommunale Integrationszentrum. Hier gilt unser Dank Frau Dr. Youssef und ihrem kompetenten Team!
Doch Kinder brauchen Freizeitbeschäftigung. Damit die Eltern die Möglichkeiten in und um Krefeld kennen lernen, machen wir immer wieder gemeinsame Ausflüge wie z.B. eine Fahrt mit dem Schluff und den Besuch der Wildgehege am Hülser Berg.
Für Hobbys fanden wir tolle Angebote der Stadt Krefeld. Die 7-Jährige nimmt mit Begeisterung am Ballettunterricht vom Werkhaus teil. Seitdem ist sie aus ihrer Welt erwacht und ein lustiges, fröhliches und selbstbewusstes Mädchen geworden! Im November habe ich mit ihr zusammen die Ballett-Premiere von Pinocchio im Krefelder Stadttheater besucht. Ihre Frage des Abends an mich lautete: „Warum tanzen die eigentlich die ganze Zeit?“
Der Junge hat sich im Gitarrenunterricht beim Werkhaus versucht. Aber das war wohl doch noch nicht das Richtige. Jetzt testen wir Karate an der Gartenstrasse. Er tut sich schwer. Zu bewusst hat er den Verlust der Heimat als 8-Jähriger erlebt. Zu früh war seine Kindheit vorbei. Nun suchen wir nach Möglichkeiten, ihm diese Kindheit wieder zu schenken, nach dem Prinzip Trial-and-Error.
Beide haben mit großer Begeisterung am dreitägigen Tape-Workshop der Jugendhilfe an der Blumenstrasse teilgenommen und tolle Kunstwerke mit nach Hause gebracht. Die Laternen für St. Martin stehen bereit, dann kommt der Nikolaus und schließlich werden die Wunschzettel für den Weihnachtsmann geschrieben.
Fortsetzung folgt…